19.11.2025
„Können wir es uns überhaupt noch leisten, nicht mit Holz zu bauen?“
Uwe André Kohler, Geschäftsführer proHolzBW, eröffnet die 47. Fachtagung Holzbau BW
Generalsponsor der 47. Fachtagung Holzbau BW, Willi Meyer (WIlli Meyer Holzbau) bei seiner Begrüßungsrede
Minister Peter Hauk, MdL MLR BW
Prof. Bertil Burian, Hochschule für Forstwirtschaft Rottenburg
v. li. Thorsten Blatter (andOFFICE), Moderatorin Andrea Georgi-Tomas, ee concept GmbH und Michael Ertl (andOFFICE)
Fachmesse mit 30 Ausstellern
Branchentreff für den Holzbau im Südwesten: Fachtagung Holzbau Baden-Württemberg im Hospitalhof in Stuttgart.
Ostfildern, 19. November 2025. Zum 47. Mal fand am 11. November 2025 in Stuttgart die Fachtagung Holzbau Baden-Württemberg statt – das große Branchentreffen des Holzbaus im Südwesten mit knapp 300 Teilnehmern, fünfzehn Referenten und unzähligen herausragenden Holzbauprojekten – vom mehrgeschossigen Holzbau bis zur Aufstockung in Holzbauweise, dem neuen Eurocode 5 bis hin zum Nachhaltigkeitsprojekt andSUSTAIN. Im Hospitalhof fand, wie im Jahr zuvor, eine Fachmesse mit 30 Ausstellern rund um den Holzbau statt. In diesem Jahr gab es dazu ein ganz neues Format – die Speakers‘ Corners.
Uwe André Kohler, Geschäftsführer von proHolzBW, eröffnete die Fachtagung mit Fakten und Zahlen zum Holzbau: Baden-Württemberg ist immer noch Holzbau-Bundesland Nummer 1 in Deutschland, mit einer Quote von 39 % vor allem im Wohnungsbau. Doch es gibt in vielen Bereichen noch Luft nach oben, von bezahlbarem Wohnbau bis hin zum Gewerbebau in Holzbauweise: „Ich hoffe, dass wir mit dem Bauturbo auch im Bereich des Holzbaus positive Resonanz haben werden“, so Kohler zu den aktuellen Entwicklungen in der Branche. Auch der Generalsponsor, Willi Meyer von Willi Meyer Holzbau, begrüßte die Tagungsgäste.
Bei der diesjährigen Fachtagung Holzbau drehte sich alles um Holzverfügbarkeit, Zirkularität und die Bauwende. Prof. Bertil Burian von der Hochschule Rottenburg für Forstwissenschaft eröffnete den ersten Vortragsblock mit einem Überblick zum Zustand des Waldes und zur Verfügbarkeit von Holz als nachhaltigem Rohstoff. Burian: „Die Holzvorräte sind konstant. Städte können zur CO2-Senke werden. Holzbau ist aktiver Klimaschutz!“ Minister Peter Hauk MdL begrüßte die Teilnehmer mit einem Überblick zur Holzbau-Modellregion Baden-Württemberg: „Der Holzbau ist der entscheidende Baustein für eine Bauwende“, so Hauk. „Wir müssen grundlegend neu bauen – zirkulär, ressourcenschonend und klimafreundlich.“ Und: „Können wir uns überhaupt noch leisten, nicht mit Holz zu bauen?“ fragte Minister Hauk ins Publikum. Und weiter: „Naturnahe Waldbewirtschaftung und die [wirtschaftliche] Holznutzung schließen sich nicht aus.“ Der Minister mahnte gleichzeitig, dass trotz messbarer Erfolge in Baden-Württemberg noch viel zu tun sein: „Die Bauwende wird am Ende kein Selbstläufer werden.“ Der Bedarf an bezahlbarem Wohnbau ist hoch, der Klimadruck ist hoch, die geopolitische Situation volatil. Laut Minister Hauk hat Baden-Württemberg mit einer starken Branche und Forschungslandschaft einen echten Standortvorteil und damit alle Voraussetzungen, um diesen Herausforderungen gerecht zu werden.
Prof. Alexander Michalski stellte mit dem Museum Oberamteistraße in Reutlingen das erste Holzbauprojekt des Tages vor, die älteste Fachwerkzeile Süddeutschlands. „Wie können traditionelle Holzverbindungen für komplexe, dreidimensionale Strukturen eingesetzt werden?“ warf Michalski den scheinbaren Gegensatz in den Raum und erklärte die baulichen Details des „Glashauses“, das durch die auf die Fassade montierten Glasziegeln eine besondere Optik erhielt. Michalski: „Leichtbauweise bedeutet, intelligenter mit Material und Tragwerksplanung umzugehen“ – eine Voraussetzung für ressourcenschonendes Bauen.
„Montage rückwärts denken.“
Wie funktioniert Zirkularität in der Praxis? Ministerialrat Eberhard Kühnemann vom Ministerium für Landesentwicklung und Wohnen, BW (MLW) referierte zu den rechtlichen Rahmenbedingungen zur Wiederverwendung tragender Bauteile im Holzbau. PD Dr.-Ing. Matthias Frese vom KIT Karlsruhe stellte Chancen und Grenzen bei Rückbau und Wiederverwendung vor. „Montage rückwärts denken“, so Frese, und eine neue Denkweise für eine schonende Demontage und Re-Klassifikation seien notwendig, um die Wiederverwendung auf breiter Ebene anzuwenden.
Dipl. Ing. Andreas Stahl von der pro-b Projektentwicklung & Projektsteuerung GmbH & CO. KG stellte das erste Leuchtturmprojekt des Tages vor, das siebengeschossige „Hohe Haus“ in Tübingen, auf dem Areal „Aeulehöfe Tübingen“, einem gemischt genutzten Quartier mit Wohnraum für ca. 450 Menschen. Martin Vogelmann von Merz Kley Partner präsentierte Details der scheinbar simplen, aber durchdachten Tragwerksplanung: Ein 5,40 m Stützenraster, das durch alle Geschosse hindurch strukturiert ist, inklusive aller Gewerbe- und Wohneinheiten. Daniel Schaible von Holzbau Schaible stellte das Projekt aus der Perspektive des Holzbauunternehmens vor mit besonderem Augenmerk auf Arbeitsvorbereitung und Werkstattplanung. Daniel Schaible gab dem Publikum wichtige Gedanken für das zukünftige Bauen mit Holz auf den Weg: „Wie schaffen wir es, mit möglichst wenig Holz und Verbindungsmitteln viel Bauvolumen zu schaffen?“
„Form follows availability.“
Gibt es bald Re-Use Baumärkte? Nach der Mittagspause referierte Marc Haines von Concular im Architektur-Seminar über die heutigen Möglichkeiten des zirkulären Bauens. Zur Sprache kam hier insbesondere die neue Bauproduktenverordnung mit zukünftigen Normen und Produktbewertungen und deren Auswirkungen auf die Zukunft des Re-Use: „Welche Geschäftsmodelle könnte es geben, im Rahmen derer ich Besitzer des Holzes bin und das Holz behalte und vermiete.“ Bauen also gleichsam nach dem „Pre-Use“-Prinzip: „Form follows availability“ – der gesamte Planungsprozess würde umgedreht werden und Planer beginnen, in Systemen zu denken, nicht in Materialien. Prof. Dr.-Ing. habil. Jörg Schänzlin vom Institut für Holzbau an der Hochschule Biberach stellte im parallel stattfindenden Ingenieurseminar den neuen Eurocode 5 vor.
Aufstockung mit Bewohnermix im Gebäudeensemble.
Neuer Wohnraum in der Karlsruher Nordstadt: Manuel Michalski, Drescher Michalski Architekten PartG mbB, Karlsruhe, Prof. Dr.-Ing. Christian Schuler, Schuler Ingenieurbüro für Bautechnik, Karlsruhe und Lukas Hechinger, Amolsch Holzbau, Karlsruhe stellten das Projekt Aufstockung Nordgrün vor. Die zu erreichenden Ziele des Bauherrn waren möglichst keine neue Flächenversiegelung, die Verwendung rückbaubarer Baustoffe sowie KfW 40 Energiestandard mit PV-Anlagen für ein Gebäude mit 25 neuen Wohnungen und vier verschiedenen Wohnungstypen für einen Bewohnermix.
Wie Minister Peter Hauk MdL in seiner Eingangsrede mahnte, sind Holzbau und die Bauwende (noch) kein Selbstläufer. Es braucht Förderungen, Kooperationen und Engagement, um den Holzbau weiter voranzutreiben. Fabian Schulmeyer vom Ministerium für Ernährung, Ländlicher Raum und Verbraucherschutz BW (MLR) stellte in diesem Zusammenhang das Holz Innovativ Programm (HIP) vor – mit bisher 100 geförderten und realisierten Holzbau-Projekten im Land. Das Projekt ist im Rahmen der Holzbau-Offensive Baden-Württemberg entstanden und hat das Ziel, den Holzbau im Land zu fördern – auf privater, kommunaler und gewerblicher Ebene. Schulmeyer stellte einige Leuchtturmprojekte und Spezialbauten vor, wie Krankenhäuser oder Labore in Holzbauweise. Schulmeyer: „Bestehende Flächen nutzen, Nachverdichtung, Aufstockung, ich denke, dass wir hier noch viel mehr im Holzbau tun könnten.“
Michael Ertl und Thorsten Blatter, beide Partner bei andOFFICE, präsentierten in ihrer Keynote ihre Ausgründung andSUSTAIN – ganzheitliches, nachhaltiges Bauen mit Holz mit Blick auf die gesamte Lebensdauer eines Gebäudes – im ursprünglichen Sinne des Branchenbegriffes Cradle2Cradle. Mit andSUSTAIN wird die Theorie von der Forschung in die Praxis übertragen. Ertl: „Abseits vom klassischen Architekturbusiness kann andSUSTAIN durch die Ausgründung diesen Fragen nachgehen.“ – und das Bauen mit Holz für die Zukunft kreislauffähig machen. Mit wunderschönen Leuchtturmprojekten aus dem Holzbau und ganz vielen Details zu Architektur und Ingenieurwesen hat die 47. Fachtagung Holzbau uns alle mitgenommen auf einem weiteren, großen Schritt hin zu Re-Use und Zirkularität im Holzbau. Unsere Aussteller gewährten spannende Einblicke in neueste Innovationen und Prozesse für den Holzbau. Wir bedanken uns bei allen Teilnehmern, Referenten und Ausstellern für das Zusammenkommen, Vernetzen und das viele Fachwissen und freuen uns auf die 48. Fachtagung Holzbau am 07. Oktober 2026.
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