26.08.2019 Leonhard Pirson

Fachdialog zweier Holzbaukulturen

V. l. n. r.: Christoph Jost, Friedlinde Gurr-Hirsch, Terttu Savolainen, Nicole Graf, Gottfried Effe.

Tomi Timonen

Janne Pihlajaniemi

Petri Heimo

Jan Bulmer

Antti Karsikas

Kimmo Kuismanen

Benjamin Eisele

Im Rahmen einer seit mittlerweile 30 Jahren bestehenden Partnerschaft zwischen der finnischen Technologieregion Oulu und Stuttgart stattete letzte Woche eine Delegation von Wirtschaftsvertretern aus Nordfinnland der hiesigen Partnerregion einen Besuch ab. Anlass war ein von Proholz Baden-Württemberg organisiertes Fachseminar im Veranstaltungsformat „Cluster innovativ“, an dem neben den elf finnischen Gästen auch Interessierte aus dem Architektur- und Holzbereich Baden-Württembergs teilnahmen.

Ostfildern, 26. August 2019. Insgesamt über 50 Personen folgten der Einladung zur halbtägigen Vortragsveranstaltung mit dem Titel „Fachdialog zweier Holzbaukulturen Finnland & Deutschland“. Sie fand am Heilbronner Bildungscampus der Dualen Hochschule Baden-Württemberg (DHBW) statt. Das Programm wurde sowohl von den finnischen Gästen wie auch deutschen Referenten gestaltet. Nach der Begrüßung durch Proholz-Geschäftsführer Christoph Jost stellte DHBW-Rektorin Prof. Dr. Nicole Graf als Gastgeberin die Entwicklung der Dualen Hochschule am Standort Heilbronn vor. Diese und ihren Ausbau zu einer mittlerweile sehr erfolgreichen Außenstelle der DHBW Mosbach (damals BA Mosbach) leitet sie seit 2010.

Friedlinde Gurr-Hirsch (CDU), Staatssekretärin im MLR Baden-Württemberg, wies im Rahmen eines Grußwortes auf den Wert internationalen Austausches hin. Der ist nicht nur im Bereich der Ausbildung und Forschung wichtig, da Finnland wie auch Baden-Württemberg aktuell die Bioökonomie verstärkt in den Blick nehmen. Er helfe auch bei der Bewältigung von Transformationsprozessen, wenn sich ganze Regionen aufgrund von Strukturwandel neu orientieren müssten, so wie das in Oulu (am Nordende der Ostsee) nach der Nokia-Krise oder im Südschwarzwald in der Krise der Uhrenindustrie erforderlich war. Während der Klimawandel das Waldwachstum in Finnland begünstige, löse die aktuelle Krise in der deutschen Forstwirtschaft Anpassungsbedarf aus. Und da sei vorteilhaft, mit Offenheit und Neugierde den Herausforderungen zu begegnen, um im internationalen Wettbewerb nicht ins Hintertreffen zu geraten.

Terttu Savolainen, Generaldirektorin der Regionalverwaltung Nordfinnland mit den Landkreisen Pohjois-Pohjanmaa und Kainuu und Leiterin der Gästedelegation, wies in ihrer Erwiderung u.a. auf die Erfolge der Partnerschaft mit Baden-Württemberg im Bereich der Medizintechnik hin. Der Region Nordfinnland sei aber auch an höherer Wertschöpfung und mehr Austausch im Bereich der Holzwirtschaft gelegen. Die Gäste hatten eine Architekturausstellung dabei, die auf Tafeln aktuelle Holz- und Blockbauprojekte in Nordfinnland vorstellte. Dort erlebt der Blockbau aktuell einen Aufschwung, der sich im Bau von Schulbauten und Pflegeeinrichtungen, aber auch Tankstellen und Rasthöfen zeigt. Mit moderner Technik wurde dem Schwinden der Blöcke durch Trocknung, Lamellierung und Verklebung entgegengewirkt und exakte Profilierung ermöglicht.

Die moderne Holz-Blockbauweise ist daher auch für den Bürgermeister der Kleinstadt Pudasjärvi Tomi Timonen eine Lösung, um den Lebenszyklus gerade öffentlich genutzter Gebäude entscheidend zu verlängern und ein gesundes Raumklima zu schaffen. Dass in Nordfinnland wieder viel mit Blockbalken gebaut wird, hat nicht nur mit der Tradition und mit Schimmelproblemen in Bestandsbauten aus anderen Materialien zu tun, sondern auch damit, dass Pudasjärvi die Produktionsstätte der industriell produzierenden Blockbaufirma Kontio (PRT Forest) ist. Mit viel Einsatz dieser Bauweise bei öffentlichen Bauten verfolgt Timonen das Ziel, seine Stadt zur Hauptstadt des Blockbaus zu machen. Und die Unternehmen helfen dabei mit.

Blockhausbau war auch das Kernthema von Janne Pihlajaniemi, dem Dekan der Architekturfakultät der Universität Oulu. Er ging ebenfalls auf die hervorstechenden kommunalen Blockbauten im 90 km entfernten Pudasjärvi ein. Die Bauweise sei tief in den Genen der Bevölkerung der Region verwurzelt und in Nordfinnland gibt es auch noch viele mittlere und kleine Unternehmen, die im Blockhausbau tätig sind. In Gebieten, in denen keine gebauten Beispiele existierten, sei die Akzeptanz dieser Bauweise entsprechend geringer und unterstrich damit die Wirkung von „Leuchtturm-Bauten“.

Petri Heino, Leiter des Holzbauprogramms im finnischen Umweltministerium (www.ym.fi), lieferte zunächst wichtige Kennzahlen der Holzwirtschaft des Landes. Seitens des Staates seien Maßnahmen der Förderung nötig, weil die Bevölkerung mit dem Umzug aus den ländlichen Regionen in die Ballungsräume ihre im ländlichen Raum dominierenden Holzhäuser verlasse und in der Stadt Betongebäude beziehe. Seitens der Architektenschaft werde der hohe Energiebedarf der Betonherstellung und der Holzbau als langfristige CO2-Senke noch nicht ausreichend beachtet. Der öffentliche Sektor sollte bei der Vergabe von Bauaufträgen in Holzbauweise weiter vorangehen.

Jan Bulmer als Vertreter des korrespondierenden Ministeriums auf der Gastgeberseite rundete mit seinen Ausführungen über die Holzbauoffensive Baden-Württemberg die Beschreibung der politischen Ziele des MLR ab.

Der finnische Architekt Antti Karsikas, Partner im Architekturbüro ALT Arkkitehdit, Oulu, stellte den Grundschul-Neubau „Tuupala“ mit Kindertagesstätte im ostfinnischen Kuhmo vor. Kuhmo ist kaum größer als Pudasjärvi. Dort steht die erste Schule Finnlands, die aus Brettsperrholzelementen errichtet wurde. Das bot sich an, weil Kuhmo auch Standort der ersten CLT-Produktionsstätte Finnlands ist (Crosslam). Das Land ist erst sehr spät auf den Zug aufgesprungen, weil der Inlandsmarkt für diese Bauweise erst wachsen musste.

Klimaverträgliche Bauweise war das Thema von Dr. Kimmo Kuismanen, Inhaber des gleichnamigen Architekturbüros in Oulu und Helsinki. Unter dem Einfluss des Funktionalismus seien viele Grundregeln in Vergessenheit geraten, aber gewöhnliche Architektur sei nicht mehr akzeptabel: Nahziel sei CO2-neutrale Architektur. Seiner Meinung nach dürfe der Holzbau auch nicht die Formensprache der Moderne kopieren.

Prof. Jens Ludloff als Vertreter des Instituts für Baukonstruktion an der Universität Stuttgart zeigte seine Meilensteine in der Geschichte der Architektur mit Holz in Deutschland, aber auch mit einigen Beispielen in Baden-Württemberg.

Nachmittags schloss sich ein gemeinsamer Besuch der nahen Bundesgartenschau in Heilbronn an. Dort wurden die Holz-Hybridbauten der Stadtsiedlung Heilbronn (u.a. das Hochhaus Skaio) und der mit viel Einsatz von Robotertechnologie bei Müller in Blaustein aus Kerto-LVL gefertigte hölzerne Konzertpavillon besichtigt.

Am Vortag (21. 8.) hatten die Gäste aus Nordfinnland zunächst die Baustelle einer Mehrzwecksporthalle in Stuttgart besichtigt. Im Auftrag der Stadt Stuttgart wird dort im Sportpark Waldau (Stuttgart-Degerloch) neben dem Eissportzentrum ein 55 x 58 m großer Neubau errichtet, der 2020 seiner Bestimmung übergeben werden soll. Wie Müller-Bauleiter Benjamin Eisele berichtete, wurden die Großelemente und weiteren Holzbauteile ab Mai bei Müller Holzbauwerke in Blaustein sukzessive vorgefertigt und ab Juni dann per Lkw zur Baustelle transportiert und montiert: Stützen aus Buchen-LVL, Holzrahmen-Großelemente, BSH-Rippenelemente in der Decke sowie Furnierholzplatten (hier Kerto) als aussteifende Elemente in den Ecken des Gebäudes. Besondere Beachtung bei der Besichtigung des Daches fanden die fünf Oberlichte aus Fachwerkbindern aus Buchen-Furnierschichtholz mit CLT-Aussteifungen und Polycarbonat-Platten für den Lichteinfall. Die 30 m langen Dachfensterkästen wurden per LKW-Sondertransport nachts auf die Baustelle geliefert und als komplettes Teil auf das Hallendach gehoben. Ende Juni war der Bau regendicht. Die Fassadenverkleidung und der Innenausbau der Halle erfolgen vor Ort.

Zweiter Besuchstermin am Vortag war beim Karlsruher Institut für Technologie (KIT für Holzbau und Baukonstruktionen). Dort begrüßte Dr. Carmen Sandhaas die Gäste, ehe Prof. Hans Joachim Blaß im Schnelldurchgang die Holzsparte des KIT und das Technikum sowie aktuelle Forschungsaufgaben im Bereich Holz und der Verbindungstechnik vorstellte. Letzter Programmpunkt im Vorfeld des Fachdialogs war die Vorstellung der Ausbildung an der Dualen Hochschule des Landes Baden-Württemberg (DHBW) durch Prorektor Dr. Otto Weidmann und Prof. Hartmut Werner. Fragen der Gäste zur Ausbildung und die Antworten übersetzte hier wie auch bei den übrigen Terminen Dolmetscher Gottfried Effe, der die Reise auf finnischer Seite auch organisiert hatte.

Bilder: (c) Leonhard Pirson

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