Ostfildern, 12. Dezember 2025: Am Anfang steht die Faser – beim nachwachsenden Werk- und Baustoff Holz wie auch bei weiteren bio- oder erdölbasierten Fasern und Textilien im Bereich Bauen, technischer Textilien oder Bekleidung-/Heimtextilien. Beim Cluster Innovativ am 27. November 2025 wurden fachübergreifend Projekte vorgestellt, die Holz mit Textilien in Architektur, Mobilität oder anderen Industrien verbinden – so beispielsweise auch im Bereich der Windkraftanlagen. Die Veranstaltung wurde eröffnet von Prof. Dr.-Ing. Markus Milwich, DITF/Allianz AFBW, Sadiah Steibli (AFBW) sowie Uwe André Kohler und Markus Blenk von proHolzBW. Markus Milwich übernahm auch die Moderation der Online-Veranstaltung.
Paulownia – ein schnell wachsendes Holz mit viel Potential.
PD Dr. habil. Gerald Koch vom Thünen Institut für Holzforschung stellte die anatomischen Merkmale und physikalisch-mechanischen Eigenschaften von Paulownia-Holz sowie Verwendungsmöglichkeiten vor. Das Thünen Institut verfügt über eine riesige Holzartenbibliothek. Von über 11.000 Baumarten werden international 600-800 Baumarten regelmäßig gehandelt. Das Institut erstellt pro Jahr bis zu 800 Gutachten zu Holzartenprüfungen. Um die Nutzungspotenziale des Holzes näher zu bestimmen, wurden die Eigenschaften der Baumart mit den Charakteristika weiterer „leichter“ Hölzer aus der Datenbank macroHOLZdata verglichen.
Was ist das Besondere an Paulownia? Die Baumart, die ursprünglich aus Ostasien stammt und international als „Kiri“-Holz gehandelt wird, wird heute global kultiviert, verstärkt in Mitteleuropa und USA. Sie wächst extrem schnell – 2-4 Meter pro Jahr – eine Ernte ist somit schon nach 8-15 Jahren möglich. Während bisher noch der größte Anteil aus China, Spanien oder Ungarn importiert wird, etablieren sich zunehmend lokale Plantagen wie in Sachsen, Brandenburg oder Bayern. Typische Charakteristik der Optik von Paulownia ist die eines ringporigen, leichten Holzes, ähnlich wie Balsa. Die physikalischen Eigenschaften sind nicht mit Konstruktionsholz vergleichbar, das Holz eignet sich eher für Furniere, Möbel und für den dekorativen Innenausbau, Wandverkleidungen oder Musikinstrumente.
Durch Hitzeresistenz und Feinstaubbindung eignet sich Paulownia für Urban Greening und hat durch das schnelle Wachstum ein hohes CO2-Speicherpotential. Durch die Spätfrostgefährdung und ein gewisses Know-How, das man sich zur Aufzucht erst aneignen muss, können Erstinvestitionen bei der Kultivierung hoch sein.
Holz in der Windkraft.
Derzeit werden auf Basis von holzbasierten Werkstofftechnologien neue Turmkonzepte für Windenergieanalgen entwickelt und in den Markt eingeführt. Diese bieten in Bezug auf Fundamente, Segmentierung, Logistik, Montage und Rückbau viele technologische Vorteile. Univ. Doz. Mag. Dr. Werner Mussnig von der Hasslacher Gruppe präsentierte die aktuellen Konzepte und Möglichkeiten des Hasslacher Green Tower Holz-Hybrid-Turm sowie die Technologien für Rotorblätter aus Holz.
Das Materialvolumen der Turmkonstruktion besteht zu knapp 90% aus Holz. Die Türme werden als Fachwerkkonstruktion gebaut, wodurch Zug- und Druckkräfte aufgenommen werden und Biegemomente reduziert werden. Als primäres Baumaterial kommen Fichtenlamellen zum Einsatz. Die Faserstruktur bestimmt die Belastbarkeit aus der Lastrichtung. So entsteht eine ideale Lastenaufnahme und eine stabile Gesamtkonstruktion, wodurch Nabenhöhen bis und über 200 m abgedeckt werden können. Durch zusätzliche Fachwerkssegmente mit einem größeren Standfuss können die Nabenhöhen einfach skaliert werden. Als Hybridkonstruktion zeichnen sich die Türme durch weniger Materialeinsatz, geringeres Gewicht und reduzierte Fundamentlasten aus. Das Produkt ist auch mit Blick auf die Recyclierbarkeit konzipiert und gebaut. Durch die Rückkaufoption des Holzes nach der Lebensdauer eines Turmes können Bauteile wie Längsträger und Diagonalen in einer neuen statischen Bauanwendung, wie zum Beispiel Hallendächer, Anwendung finden. So kann das verarbeitete Holz weiterhin CO2 speichern und wird länger genutzt.
Naturfasern als Werkstoff der Zukunft.
Prof. Dr.-Ing. Markus Milwich (DITF/AFBW, Leichtbauallianz Baden-Württemberg) stellte Forschungsprojekte im Bereich der biobasierten, Natur-, Hanf- und Flachsfasern sowie Cellulose vor. Im Gegensatz zu Naturfasern entsteht Cellulose aus dem Recyling von Baumwoll-Elasthan-Mischungen. Beim Naturfasern stellt sich die Frage nach der konstanten Qualität. Naturfasern weisen je nach Jahrgang, Standort und Faserart unterschiedliche Eigenschaften auf. Daher ist es unumgänglich, Fasern aus verschiedenen Quellen zu mischen. Alternativ können Cellulose-Regeneratfasern verwendet werden. Für Anwendungen in der Breite stellt sich auch die Frage, wie verfügbar sind Naturfasern? Genutzt werden kann z.B. Winterhanf, nicht genutzte organische Abfälle pflanzlichen oder tierischen Ursprungs oder Fasern aus Biogasanlagen für Faserverbunde und Dämmungen. Milwich: „Hauptsache, wir „versenken“ CO2 in langlebigen Produkten.“ Naturfasern finden Anwendung als Leichtbaumaterial, sie können Beton verstärken und in diversen Verbundwerkstoffen Anwendung finden. Holz, Holzprodukte, Jahrespflanzen, Naturfasern und Cellulose- und Lignin-basierte Fasern sind hochentwickelte Werkstoffe und CO2-Senken für langlebige Produkte. Wichtig ist es für die Forschung und zukünftige Anwendungen, den Wirkungszusammenhang zwischen Fasereigenschaften und den gewünschten Verbundeigenschaften weiter zu festigen.
Das Cross Cluster Innovativ ist eine gemeinsame Veranstaltung von Allianz Faserbasierte Werkstoffe Baden-Württemberg e.V., Stuttgart (AFBW), proHolz Baden-Württemberg GmbH, Ostfildern (proHolzBW), Deutsche Institute für Textil- und Faserforschung, Denkendorf (DITF).
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