26.10.2017
Der Holzbau will hoch hinaus
Über 400 Teilnehmer, Fachtagung Holzbau Baden-Württemberg verzeichnet Rekordbesuch – Zukunftsweisende Ansätze für das Bauen mit Laubholz – Werner Sobek fordert Ausstieg aus fossil erzeugter Energie
Ostfildern, 26. Oktober 2017. Der Holzbau will hoch hinaus, sowohl im übertragenen Sinn als auch ganz real. Das zeigte die 39. Fachtagung Holzbau Baden-Württemberg, die am Mittwoch, den 25. Oktober 2017, im Stuttgarter Hospitalhof stattgefunden hat und sich dieses Jahr über einen Rekordbesuch freute. Über 400 Architekten, Bauingenieure und Studierende waren in den Hospitalhof nach Stuttgart gekommen, um sich über die aktuellsten Entwicklungen im Holzbau zu informieren. Zum Beispiel über das Hochhausprojekt J1, das in Heilbronn gebaut und zur Eröffnung der Bundesgartenschau 2019 fertiggestellt werden soll. Mit einer Höhe von 34 Metern ist es dann Deutschlands höchstes Gebäude in Holzbauweise.
In Baden-Württemberg, dem Holzbaubundesland Nummer eins, ist für die Branche aber noch viel Luft nach oben. „Bei der Vergabe öffentlicher Bauvorhaben oder beim Thema Aufstockung und Nachverdichtung in Ballungsräumen kommt der Holzbau noch nicht immer wie gewünscht zum Zug. Oft bestehen Hemmungen, weil man sich mit den Möglichkeiten, die der Holzbau bietet, nicht richtig auskennt oder weil die Bauordnungen den Holzbau in bestimmten Bereichen gegenüber anderen Baustoffen benachteiligen“, sagt Christoph Jost, Geschäftsführer der proHolzBW GmbH, die die Fachtagung in Kooperation mit dem Institut für Holzbau und der Hochschule Biberach organisiert hat. Dabei lägen die Vorteile des Holzbaus auf der Hand. „Holz ist leicht und deshalb ideal für die Aufstockung bestehender Gebäude geeignet. Der hohe Vorfertigungsgrad im Holzbau ermöglicht zudem ein schnelles und geräuscharmes Bauen“, erklärt Jost. Das sei gut für Investoren, die ihre Gebäude schneller nutzen könnten, und gut für die Anwohner, die weniger Lärmbelästigung in der Bauphase ausgesetzt seien.
Holzbau wird weiter an Bedeutung gewinnen
Der Holzbau wird in Zukunft weiter an Bedeutung gewinnen. Erst recht wenn der Klimaschutz mit einbezogen wird. Denn Holz speichert CO2 und verbraucht als nachwachsender Rohstoff keine zusätzliche Energie wie das Gießen von Stahl oder Brennen von Beton. Dennoch muss sich auch der Holzbau mit dem Klimawandel auseinandersetzen. Der Bestand der Fichte, des sogenannten „Brot- und Butterbaums“ der Holzindustrie, wird bei steigenden Temperaturen zurückgehen. Demgegenüber steigt der Anteil der Buche, die bislang überwiegend als Feuerholz verwendet wird. Auch hier geht die Holzindustrie neue Wege und zeigte bei der Fachtagung zukunftsweisende Ansätze zum Thema Bauen mit Laubholz auf.
Holzbau allein ist nicht die Lösung
„Holzbau morgen“ lautete der Titel des abschließenden Vortrags von Prof. Dr. Dr. E.h. Dr. h.c. Werner Sobek (Werner Sobek Group Stuttgart). Der Visionär, Stararchitekt und Preisträger des Deutschen Holzbaupreises 2017 stellte jedoch schnell klar, dass die Zukunft des Bauens nicht allein in der Hand eines Baustoffs liegt. Vor dem Hintergrund einer weltweit steigenden Bevölkerungszahl und des nicht mehr zu leugnenden Klimawandels, müsse das Ziel sein, mit weniger Material für mehr Menschen zu bauen. „Die Fokussierung auf Leichtbau und Recycling ist die zwingende Konsequenz, die wir aus diesen Begebenheiten ziehen müssen“, sagt Sobek. Holz als nachwachsender Rohstoff spiele dabei eine wichtige Rolle. Sicher sei jedoch, dass der Bedarf einer wachsenden Bevölkerung an Wohn- und Arbeitsraum nicht allein durch Holz gedeckt werden kann. Und schon gar nicht könne Holz allein die Lösung im Kampf gegen den Klimawandel sein. Dazu müsse die Bauwirtschaft komplett auf erneuerbare Energien umgestellt werden. „Wir haben kein Energieproblem. Die Sonne spendet genug Energie. Wir haben ein Emissionsproblem. Das einzig vernünftige Ziel ist der sofortige Ausstieg aus fossil erzeugter Energie“, erklärte Sobek.