01.03.2016 Achim Zielke, Baufachjournalist

Flüchtlingsunterkünfte aus Holz errichten – Wege zur Beauftragung durch die Kommune

Teil I: Die Voraussetzungen klären und den richtigen Moment abpassen

Teil II: Den Holzbau aktiv ins Gespräch bringen und durch kluge Vorteilsargumente überzeugen

Teil III: Nachhaltige Best-Practice-Beispiele aus Baden-Württemberg

Ostfildern/Stuttgart (ify). Der Strom der Menschen, die aus ihrer Heimat fliehen mussten, reißt nicht ab: Täglich kommen neue Flüchtlinge von weit her bei uns an, die im Herzen Europas Schutz vor Krieg, Folter und politischer Verfolgung suchen. Sie alle brauchen eine erste Bleibe, um den Winter zu überstehen und Kraft für einen Neuanfang zu schöpfen. Keine Frage, dass sich etliche Zimmerei- und Holzbaubetriebe am Bau von Unterkünften auf Zeit beteiligen würden – einerlei, ob aus humanitären oder wirtschaftlichen Gründen. Wie aber geht man als Holzbauunternehmer am besten vor, um an entsprechende Aufträge zu gelangen? 

Teil I: Die Voraussetzungen klären und den richtigen Moment abpassen

Über die Voraussetzungen, die für einen öffentlichen Auftrag zum Bau von Flüchtlingsunterkünften vorliegen sollten, sprachen wir mit Joachim Hörrmann, der bis Sommer letzten Jahres Hauptgeschäftsführer des Zimmererverbandes Baden-Württemberg sowie weiterer bundesweiter Verbände war. 

Redaktion: Herr Hörrmann, die Zeit des Ruhestands hatte für Sie kaum begonnen, schon sind Sie an Ihre alte Wirkungsstätte im FORUM HOLZBAU in Ostfildern zurückgekehrt und dort in neuer Funktion wieder für den Holzbau aktiv – jetzt als Mitarbeiter der unlängst gegründeten Fördergesellschaft proHolzBW, die die Verwendung von Holz in Baden-Württemberg forcieren will. Als Koordinator für den Bau von Flüchtlingsunterkünften in Holzbauweise machen Sie Ihre exzellenten Kontakte für Verbandsmitglieder fruchtbar, die sich um öffentliche Aufträge für den Bau von Flüchtlingsunterkünften bewerben wollen. Wie geht man als Zimmerer und Holzbauunternehmer ganz konkret am besten vor?

Joachim Hörrmann: Grundsätzlich muss sich jeder Holzbauunternehmer entscheiden, ob er Übergangswohnheime bauen will. Wenn ja, muss der Betrieb über die nötigen Ressourcen verfügen. Dazu zählen etwa planerische Kapazitäten, das benötigte Material bzw. ein hinreichender Holzvorrat und natürlich auch die Mitarbeiter. Auch müssen sich die potenziellen Projekte mit der Bearbeitung laufender Aufträge in Einklang bringen lassen und je nach Leistungsumfang auch Partnerfirmen anderer Gewerke eingebunden werden. 

Redaktion: Wenn im Betrieb die grundsätzliche Bereitschaft vorliegt, am Bau von Flüchtlingsunterkünften in Holzbauweise mitzuwirken, worauf ist noch zu achten?

Joachim Hörrmann: Das A & O ist ein schlüssiges Konzept. Man muss wissen, was man in welchem Umfang anbieten will: Es gibt Holzbauunternehmen, die haben schon bis ins kleinste Detail ausgearbeitete Baupläne in der Schublade und können Projekte von A bis Z steuern. Solche Handwerksbetriebe verstehen sich als Bauträger ober Generalunternehmer und sind in der Lage, auch auf größeren Baustellen erfolgsverantwortlich Regie zu führen. Daneben gibt es Zimmereien, die bestimmte Elemente vorfertigen und verbaubereit zuliefern. Bei entsprechender Spezialisierung verspricht das in Abstimmung mit den vor- und nachgelagerten Unternehmen ein einträgliches Geschäftsmodell zu sein. Eine dritte Kategorie sind reine Montagebetriebe, die von anderen Zimmereien hergestellte und zugelieferte Wand-, Dach- und Deckenelemente auf der Baustelle zu kompletten Unterkünften verbinden. 

Redaktion: Haben Sie konkrete Beispiele, die interessierten Zimmereien und Holzbauunternehmen als Vorlage dienen können?

Joachim Hörrmann: Einige sehr anschauliche Konzepte finden sich auf der Internetseite von proHolzBW. Auf www.proholzbw.de stellen wir schlüssige Konzepte ein, die Holzbauunternehmen aus Baden-Württemberg für den Bau von Flüchtlingsunterkünften ausgearbeitet haben und als Vorlage dienen können. Jeder Zimmereibetrieb kann übrigens seine Entwürfe und Ausarbeitungen bei uns unentgeltlich zur Veröffentlichung einreichen. Das ist ein gegenseitiges Geben und Nehmen, ein Akt der Solidarität im gemeinschaftlichen Interesse.

Redaktion: Das eigene Profil bzw. die Leistungsfähigkeit des eigenen Betriebs vor Augen zu haben, ist unverzichtbar, bevor man sich ans Schreiben von Angeboten macht. Bei wem muss ein Holzbauunternehmer sein Interesse eigentlich anmelden, um eine Chance zu haben, am Bau von Flüchtlingsunterkünften mitzuwirken zu können? Wer ist für die Auftragsvergabe an bauwillige Handwerksunternehmen auf Behördenseite zuständig? 

Joachim Hörrmann: Sie sprechen da einen ganz wichtigen Punkt an. Wir befinden uns im Hinblick auf die Zuständigkeit momentan in einer Übergangssituation, die ich gern näher erläutern will. Für die Erstunterbringung neu angekommener Flüchtlinge sind in Deutschland generell die Länder zuständig. Auf Landesebene wird die Erledigung dieser Aufgabe in der Regel an das jeweilige Landratsamt delegiert. Die Behörde ist mit weitreichenden Befugnissen ausgestattet, um die massenhafte Einquartierung bewältigen zu können. Es handelt sich, das darf man nicht vergessen, um einen Notsituation, auf die die Landesbehörden mit Belegung öffentlicher Einrichtungen wie beispielsweise Sport- und Festhallen etc. reagieren. Solche Gemeinschaftsunterkünfte können aber immer nur Zwischenlösungen sein. Schon aus humanitären Gründen ist die Einquartierung in Turnhallen niemals eine Dauerlösung. Das ist den Behörden selbstverständlich bewusst. Nach erfolgter Registrierung weisen die Landratsämter den Kommunen daher bestimmte Flüchtlingskontingente zur Folgeunterbringung zu. 

Redaktion: Welche Besonderheiten gilt es dabei für Handwerksbetriebe im Blick zu haben?

Joachim Hörrmann: Auch wenn an der Zuweisungspolitik aus Sicht der Kommunen einiges zu verbessern wäre – insbesondere wird häufig die Kurzfristigkeit kritisiert–, liegt genau hierin eine wesentliche Chance für das Handwerk, an öffentliche Aufträge zu kommen. 

Redaktion: Können Sie das bitte näher erklären?

Joachim Hörrmann: In dem Moment, in dem das Landratsamt nach Abschluss des Asylverfahrens einer Kommune eine bestimmte Anzahl Flüchtlinge zuweist, findet ein Übergang der rechtlichen Zuständigkeit statt. War es vorher das Land, das in der Verantwortung für das Wohlergehen der Menschen stand, ist es jetzt die jeweilige Gemeinde, namentlich der Bürgermeister und seine Vertreter im Amt, also beispielsweise der Kämmerer oder der Leiter des Bauamts. Dieser enormen Verantwortung kann eine Kommune nur gerecht werden, wenn sie über die nötigen Wohnräume verfügt. Sind private Unterbringungsmöglichkeiten ausgeschöpft, bleibt in der Regel nichts anderes übrig als Containerlösungen und der Neubau von Behelfsunterkünften. Das ist dann der Punkt, an dem der Zimmerer mit einem schlüssigen Konzept beim Entscheidungsträger auf der Matte stehen muss, um einen öffentlichen Auftrag zum Bau von Flüchtlingsunterkünften zu erhalten.

Redaktion: Aber sind für solche Baumaßnahmen nicht öffentliche, wenn nicht gar europaweite Ausschreibungen vorgeschrieben?

Joachim Hörrmann: Klare Antwort: Nein! Denn gerade jetzt, im Winter, liegt besondere Dringlichkeit vor. Wenn eine behördliche Maßnahme keinen Aufschub duldet, muss sofort gehandelt werden. Das ist im Gesetz so vorgesehen und stattet jeden Mitarbeiter, in dessen Zuständigkeit der kommunale Wohnungsbau fällt, mit Sondervollmachten aus. Konkret kann jeder Bürgermeister und jeder Mitarbeiter des Bauamts Aufträge zum Bau von Behelfsquartieren ohne jegliche Ausschreibung erteilen. Noch nicht einmal ein Kostenangebot muss von der Gemeinde abgewartet werden, wenn es sich nach Lage der Dinge um eine dringliche Baumaßnahme handelt. Die Dringlichkeit wird übrigens von jeder Behörde nach billigem Ermessen festgestellt. Der Amtszuständige muss auch keine Rücksicht darauf zu nehmen, ob im Haushalt die nötigen Rückstellungen gebildet wurden, ob finanzielle Reserven vorhanden sind oder dergleichen. Es gilt das Prinzip, dass die Unversehrtheit von Personen Vorrang hat vor allen anderen Interessen. Dass es für eine Kommune gleichsam wie für das Land geradezu unerträglich wäre, wenn ein Flüchtling auf offener Straße erfrieren würde, brauche ich hier wohl nicht näher auszuführen. 

Redaktion: Wenn die Rechtslage so eindeutig ist, warum zögern manche Kommunen dann, Aufträge durch Direktvergabe auszulösen?

Joachim Hörrmann: Oft aus schierer Unwissenheit und Unsicherheit der Bediensteten. Aber auch darin sehe ich für aufgeweckte Zimmermeister eine Chance: Warum sollte der Zimmerer, der sich bei der Gemeinde als leistungsfähig und -willig ins Gespräch bringen will, die Amtszuständigen nicht auf ihre erweiterten Befugnisse in Dringlichkeitssituationen aktiv hinweisen? Sich gut auszukennen und die Sachlage korrekt beurteilen zu können, kann ja nicht verkehrt sein, wenn es darum geht, auf gleicher Augenhöhe miteinander zu sprechen.

Redaktion: Woher erfährt der Zimmerer von einer bevorstehenden Zuweisung von Flüchtlingen an seine Heimatgemeinde?

Joachim Hörrmann: Wenn er eine Schlafmütze ist, aus der Zeitung. Wenn er pfiffig ist – und so schätze ich die meisten Holzbauunternehmer ein – wirkt er im Bauausschuss seiner Gemeinde aktiv mit oder hat sogar einen Posten als Ratsmitglied inne. Der Flurfunk im Rathaus ist immer noch die beste Nachrichtenquelle. Im Ernst: Wir haben in Baden-Württemberg Gemeinden, in denen auf einen Zimmereibetrieb vier und mehr konventionelle Bauunternehmen kommen. Was glauben Sie, wie die an ihre Aufträge gelangen? In öffentlichen Bauausschusssitzungen muss man als selbstständiger Handwerksunternehmer schon präsent sein, wenn man sich Chancen ausrechnen will, an öffentliche Bauaufträge zu kommen.

Redaktion: Das dürfte doch auch den meisten Holzbauunternehmern geläufig sein. Weshalb werden dann trotzdem so viele Blechcontainer in die Landschaft gestellt? 

Joachim Hörrmann: Das ist oft eine Frage der strategischen Auftragsakquise. Diese uniformen Blechbehausungen werden mitunter auf einem simplen DIN A4-Blatt beworben, das gleichzeitzeig als Bestellformular zum Ankreuzen gestaltet ist. Das kann notfalls auch der Hausmeister im Rathaus ausfüllen und abschicken, wenn er vom Bürgermeister damit beauftragt wird. Lieferung erfolgt postwendend, sofern nicht bereits ausverkauft. Wir Zimmerer tun uns mit solchen Methoden schwer. Wenn’s pressiert, gehen leider immer noch sehr viele Aufträge am Holzbau vorbei. Wir müssen uns also etwas einfallen lassen!

Das Interview mit Joachim Hörrmann führte Achim Zielke, Baufachjournalist mit Büros in Bad Honnef und Mannheim. Kontakt: a.zielke@textify.de

Vorschau: Wie man seine Chance als Zimmerer und Holzbauunternehmer im Wettbewerb um kommunale Dringlichkeitsaufträge erhöht, wie man sich bei den Entscheidungsträgern im Rathaus ins beste Licht rückt und auf welche Vorzüge der eigenen Holzbauweise dabei hinzuweisen ist, damit befasst sich der zweite Teil des Interviews mit Joachim Hörrmann, der in der nächsten Ausgabe unserer Zeitschrift erscheint. 

Weiterführende Informationen über die proHolzBW GmbH, ihre Aufgaben und Ziele finden sich im Internet auf www.proholzbw.de

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