12.12.2024
Holzbautagung Konstanz 2024.
Visionen, Innovationen und best practices im Holzbau.
Ostfildern, 12. Dezember 2024. Am 28. November 2024 versammelten sich über 100 Fachleute, Studierende und Interessierte zur Holzbautagung Konstanz, die sowohl vor Ort an der Hochschule Konstanz – Technik, Wirtschaft und Gestaltung (HTWG) als auch digital stattfand. Organisiert von proHolz Schwarzwald in Zusammenarbeit mit der HTWG Konstanz, bot die Veranstaltung eine Plattform für den Austausch über aktuelle Entwicklungen und Herausforderungen im Holzbau.
Eröffnet wurde die Tagung von Prof. Dr. Sabine Rein, Präsidentin der HTWG Konstanz, sowie Prof. Dr.-Ing. Jian-Hua Meng, Dekan der Fakultät Bauingenieurwesen. Baubürgermeister Karl Langensteiner-Schönborn betonte in seinem Grußwort die wachsende Bedeutung des Holzbaus für die Stadt Konstanz. Besonders im geplanten Stadtteil Hafner solle Holz als zentraler Baustoff eingesetzt werden. Langensteiner-Schönborn verwies auf aktuelle Projekte wie den Asisi-Tower, ein Werk der renommierten Architekten Sauerbruch Hutton, der bis 2025 fertiggestellt werden soll. Ergänzend wurde eine Besichtigung dieser Baustelle angekündigt, die das Programm der Tagung abrunden wird.
Prof. Dr.-Ing. Wolfgang Francke, Moderator der Veranstaltung, leitete zum ersten Vortrag über, der von Prof. Oliver Fritz und Prof. Dr.-Ing. Alexander Michalski präsentiert wurde. Sie stellten das gemeinsam mit Studierenden entwickelte Wikihouse-System vor – ein modulares Bausystem, das ohne metallische Verbindungen auskommt. Die Holzwerkstoff-Bauteile lassen sich ähnlich wie Lego zu Trägerstrukturen unterschiedlicher Spannweiten zusammensetzen. Eine innovative Software ermöglicht die automatische Dimensionierung der Bauteile an frei wählbare Last- und Spannweitenanforderungen. Ebenfalls automatisiert erfolgte die Ansteuerung an die computergesteuerte Fertigung. Die Referenten berichteten begeistert von der aktiven Mitwirkung der Studierenden und gaben bekannt, dass bereits weitere Entwicklungsphasen geplant sind.
Die Gestaltung und Konstruktion der Markolfhalle Markelfingen, einer Sport- und Veranstaltungshalle, standen im Fokus des nächsten Vortrags. Architektin Birgit Wohlfart (steimle architekten BDA) und Tragwerksplaner Michael Künstle (baustatik relling GmbH) zeigten, wie traditionelle Architekturformen mit modernem Holzbau vereint wurden. Die Halle, inspiriert von der Formsprache historischer landwirtschaftlicher Gebäude der Region, fügt sich harmonisch in ihre Umgebung ein. Wichtige Aspekte wie der konstruktive Holzschutz und eine präzise ausgerichtete Lamellenfassade zur effektiven Sonnenabschirmung unterstreichen den durchdachten Planungsprozess. Besondere Herausforderungen ergaben sich bei der Montage der großdimensionierten Holzbalken des Dachtragwerks, die passgenau verbunden werden mussten.
Ein weiterer Höhepunkt war die Präsentation des TS3-Systems durch Sven Bill, Geschäftsführer der Schweizer Firma Timber Structures 3.0 AG. Mit TS3 können Brettsperrholzdecken dank eines speziell entwickelten PU-Klebstoffs von Henkel großflächig verbunden werden. Dies ermöglicht flexible Deckenkonstruktionen mit einem Stützenraster von bis zu 8×8 Metern. Am Beispiel des Projekts „Im Zelg“, einer Wohnanlage mit 165 Einheiten, demonstrierte Bill, wie Holz den Betonbau in puncto Effizienz überholen kann. Dank Vorfertigung verkürzte sich die Bauzeit um elf Monate – ein eindrucksvoller Beleg für die Leistungsfähigkeit des modernen Holzbaus.
Ralf Harder, Marketingleiter von Lignotrend, berichtete über das neue Bürogebäude seines Unternehmens, das Verwaltung und Produktion räumlich zueinander führt. Der von Harter & Kanzler Architekten entworfene Bau beeindruckt durch die konsequente Verwendung hochwertiger Weißtanne. Das Bürogebäude wurde in leichter Hanglage errichtet und so geplant, dass trotz vier Geschossen die Gebäudeklasse 3 eingehalten werden konnte. Dies wurde durch die Aufteilung in zwei Baukörper und eine geschickte Anordnung der Gebäudetechnik erreicht. Die Gestaltung mit Fußbodenheizung und Lignotrend-Decken unterstreicht den hohen Komfortstandard und veranschaulicht die vielen Möglichkeiten, die Lignotrend-Elemente für Planer und Bauherren bieten.
Auch im Infrastrukturbereich beweist Holz seine Vielseitigkeit. Das Parkhaus Wendlingen, vorgestellt von Philipp Sieber (herrmann+bosch architekten BDA) und Daniel Ruf (Pletschacher Holzbau GmbH), nutzt ausschließlich gesteckte Verbindungen, wodurch ein einfacher Rück- und Wiederaufbau möglich ist. Die Holzbauweise überzeugte das gesamte Team auch im vorab erstellten Kostenvergleich andere Bauweisen deutlich unterbieten und war somit als Konstruktionsmaterial gesetzt. Für weitere Kosteneffizienz sorgte laut Sieber die Reduzierung der Gebäudetechnik auf das nötigste. Das 5-geschossige Parkhaus bietet Platz für Fahrzeuge bis 2,35 Meter Höhe und ermöglicht daher sogar eine zukünftige Umnutzung als Wohnraum.
Den Schlusspunkt setzte Prof. Stefan Krötsch (HTWG Konstanz) mit einer inspirierenden Vision für den Holzbau und das Bauwesen: den Gebäudetyp-e. Das „e“ steht dabei für „einfach“ und „experimentell“ und fordert eine größere Freiheit der Planenden bei gleichzeitiger Übernahme von Verantwortung. Krötsch kritisierte bestehende Normen, die oft nicht dem Stand der Technik entsprechen und sich am ungünstigsten Fall orientieren. Er plädierte dafür, Holzbauprojekte flexibler zu gestalten, um Effizienz und Nachhaltigkeit zu steigern.
Die Holzbautagung 2024 zeigte eindrucksvoll, wie Forschung, Praxis und Visionen den Holzbau voranbringen können. Die vorgestellten Projekte und Systeme verdeutlichten das enorme Potenzial von Holz als nachhaltigem Baustoff, der nicht nur ästhetische und ökologische Vorteile bietet, sondern auch wirtschaftlich überzeugt. Die Tagung setzte ein starkes Zeichen für die Zukunft des Holzbaus und inspirierte die Teilnehmenden, die Möglichkeiten dieses Werkstoffs weiter auszuschöpfen.
(Bilder: proHolz Schwarzwald)