25.04.2019
Mehr als Stamm, Zweige und Blätter: Holznutzung für den Klimaschutz
Am 25. April wird in Deutschland zum 67. Mal der Tag des Baumes begangen. Traditionell pflanzen Städte, Kommunen, Forstämter sowie Verbände und Initiativen zu diesem Anlass Bäume. Wie wichtig diese für uns Menschen sind, wird angesichts des Klimawandels sichtbar. Denn es ist gerade die Nutzung der Bäume, die den größten Effekt für den Klimaschutz hat.
Schätzungsweise 90 Milliarden Bäume stehen in unseren Wäldern. Deutschlands ältester ist 1.200 Jahre alt, der höchste ragt über 66 Meter in die Luft und der dickste kann von 13 Menschen gleichzeitig umarmt werden. Doch egal ob Rekordhalter oder Schössling: Ohne Bäume sind das Ökosystem und die menschliche Kulturgeschichte nicht denkbar. In Zukunft wird ihre Bedeutung weiter zunehmen: Als Kohlenstoffspeicher sowie Ausgangspunkt für nachhaltige Holzprodukte und Energieträger sind sie ein entscheidender Faktor im Kampf gegen den Klimawandel. Wo Holz überall zum Einsatz kommt, überrascht – genauso wie die Tatsache, dass die Nutzung der Wälder besser für das Klima ist als die „Wildnis“.
Lebensspender „fast aus dem Nichts“
Bäume sind komplexe Organismen, die Kohlenstoffdioxid und Wasser in Sauerstoff und Traubenzucker umwandeln. Ein einzelner Baum kann im Zuge der Photosynthese jährlich bis zu fünf Tonnen Kohlenstoffdioxid binden und Sauerstoff für elf Personen produzieren. Als Staub und Schadstofffilter sowie durch die Wasserverdunstung an den Blättern reguliert er zudem die Luftqualität und -Temperatur.
Grundlage menschlicher Entwicklung
Ein faszinierendes Wunderwerk und ein Geschenk der Natur, findet Forstwirt Lars Schmidt. Seit 2010 vertritt er als Hauptgeschäftsführer des Deutschen Säge- und Holzindustrie Bundesverbandes e.V. (DeSH) die holzverarbeitenden Betriebe in Deutschland. „Als diejenigen, die Holz bearbeiten, gelten wir gemeinhin nicht als Baum- und Klimaschützer. Aber das ist eine komplett falsche Annahme“, stellt Schmidt klar. „Denn die nachhaltige Bewirtschaftung der deutschen Wälder darf keinesfalls mit der Abholzung der Regenwälder gleichgesetzt werden darf.“ Hierzulande wächst der Holzvorrat jährlich um über 120 Millionen Kubikmeter. Das entspricht 58 Millionen Tonnen – oder 4.320 Holzhäusern pro Tag.
Gesamte Klimaschutzpotenziale erst durch Nutzung realisierbar
Die Sorge um den Wald, die in einigen Ländern gerechtfertigt ist, führt in Deutschland aber zu einem schwerwiegenden Fehlglaube: „Die Formel ‚Waldschutz gleich Klimaschutz‘ ist einprägsam, aber unvollständig. Vielmehr ist ‚Waldbewirtschaftung plus Holzverwendung gleich Klimaschutz'“, so Schmidt. Denn das Potenzial von Holz entfalte sich erst mit der nachhaltigen Verwendung: Der Atmosphäre wird dadurch nicht nur CO2 entzogen, sondern der Kohlenstoff auch über die komplette Nutzungsdauer in Produkten wie Häusern, Möbeln oder Verpackung gebunden. Zudem ersetzt Holz energieintensive Materialien und fossile Brennstoffe, bei deren Herstellung große Mengen Treibhausgase freigesetzt werden. Insgesamt können in Deutschland jedes Jahr 127 Millionen Tonnen CO2 durch Holz eingespart werden. Das entspricht 14 Prozent der gesamten deutschen Treibhausgasemissionen. Weit mehr als die Hälfte dieser Einsparungen ensteht dabei nur über die Nutzung von Holz.
Vom Papier bis zum Möbel – Was steckt in einem Baum?
Der deutsche Wald besteht heute zu fast gleichen Anteilen aus Laub- und Nadelbäumen. Von den über 70 Arten verarbeitet die Holzwirtschaft vor allem Fichten, Kiefern, Buchen und Eichen sowie Lärchen, Douglasien und Tannen. Wird ein Baum gefällt, werden so gut wie alle Bestandteile verwendet: Die Krone, der verzweigte und belaubte oder benadelte Teil, wird vornehmlich energetisch genutzt. Aus Ästen und Blättern werden Harze, Gerb-, Bitter- und Farbstoffe gewonnen. Der Stammabschnitt unterhalb der Krone ist noch stark astig. Aus ihm werden überwiegend Papier, Dämm- oder Holzwerkstoffe gefertigt. Aus dem darunterliegenden Zopfstück werden Bretter, Bohlen, Latten, Kanthölzer und Balken gesägt. Nach unten hin wird der Stamm immer astreiner. Dieses hochwertige Holz ist vor allem im Möbelbau gefragt.
Eigener Energielieferant in der Produktion
Insgesamt können rund 60 Prozent des Stammholzes zu Schnittholzprodukten verarbeitet werden. In der Branche gilt dabei das Kaskadenprinzip: Holz wird wenn möglich stofflich genutzt und als Nebenprodukt oder im Anschluss als Brennmaterial. Äste, Krone, Stammreste, Rinde und Sägespäne werden entsprechend zu Holzwerkstoffen, Industrieholz, Papier, Zellstoff und Pellets oder in den eigenen KWK-Anlagen der Sägeindustrie als Brennstoff genutzt, um die eigene Produktion oder umliegende Haushalte mit Erneuerbarer Energie zu versorgen. Auf diese Weise werden fossile Energieträger mit hohem CO2-Ausstoß ersetzt. „Dieser abfalllose Kreislauf ist für industrielle Produktionsabläufe einzigartig“, sagt Schmidt. Insgesamt werden 10 Prozent des gesamten deutschen Wärmebedarfs aus Holz erzeugt. Insbesondere Holzpellets, die aus Nebenprodukten der Holzbearbeitung hergestellt werden, verfügen über einen hohen Wirkungsgrad. Aber auch die Nutzung von Altholz kann auf diese Weise zum Klimaschutz beitragen.
Kaum Grenzen nach oben: Holzbau erobert die Städte
Die stoffliche Verwendung von Holz findet überwiegend im Bauwesen statt. Durch Trocknungs-, Hobel- und Verleimungsverfahren sind heutige Schnittholzprodukte für moderne Bauweisen konzipiert und ausgelegt. Die Kombination ökologischer und technischer Vorteile ist unschlagbar: 30 Prozent der Treibhausgase in Deutschland werden durch den Gebäudesektor verursacht, hauptsächlich durch energieintensive Baumaterialien. Holzbauteile benötigen bis zu zehntausendmal weniger Energie in der Herstellung, sind leicht, zugleich belastbar und können in Produktionshallen vorgefertigt werden. Dadurch werden die Bauzeiten vor Ort kurz gehalten. Technisch sind Holz inzwischen kaum mehr Grenzen gesetzt, gerade in hybrider Bauweise mit anderen Materialien. In Heilbronn entsteht mit 34 Metern derzeit das höchste Holzhochhaus, weltweit führt Wien mit 84 Metern. Durch das geringe Gewicht eignet sich Holz zudem für Aufstockungen auf Wohn- und Bürogebäuden, Discountern oder Parkhäusern.In deutschen Innenstädten könnten damit fast drei Millionen neue Wohnungen entstehen.
Eine klimafreundliche Alternative: Holz statt Plastikverpackung
Die Verschmutzung der Meere und Böden offenbart die Plastikproblematik moderner Gesellschaften. Dass Bäume auch Grundlage wiederverwertbarer Verpackungen sind, ist vielen Menschen nicht bewusst. Jedoch werden allein 14 Prozent des Schnittholzes für Verpackungsmaterial eingesetzt. Am bekanntesten sind Holzpaletten, an dessen Beispiel deutlich wird, warum Holz künftig die Verpackungsalternative zu Plastik sein sollte: Für die Herstellung von Kunstoffpaletten muss im Vergleich zu Holz pro Kilo das bis zu 20-fache an Energie eingesetzt werden. Im Gegensatz zu ihrem Plastikpendant entsteht bei Holzpaletten während der Nutzungsphase zudem kein Abrieb schädlichen Mikroplastiks, sie können bei Schäden repariert und nach Benutzung problemlos werkstofflich genutzt, recycelt oder zur Energieerzeugung genutzt werden. Dabei geben sie dann nur so viel CO2 frei, wie sie während des Baumwachstums der Atmosphäre entzogen haben.
Klimawandel erfordert neue Baumarten
Auch der DeSH wird zum Tag des Baumes einen Baum pflanzen. Vielleicht eine Weißtanne oder eine Douglasie. Denn die Forstleute und die Holzwirtschaft versuchen aktuell den Wald an den Klimawandel anzupassen. „Ich hoffe, dass die Menschen beim Pflanzen der Bäume erkennen, dass er mehr ist als Stamm, Zweige und Blätter: Er ist Garant unseres Ökosystems, Arbeitgeber für viele Menschen, vielleicht Teil eines Hauses, das Papier auf dem ich schreibe und irgendwann Wärmespender an einem Winterabend. Unseren Wald nicht nachhaltig zu nutzen, wäre ein großer Rückschritt für den Klimaschutz“, mahnt Schmidt abschließend.
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