Ostfildern, 25. Juli 2023. Frau Dr. Sandra Schuster von der TU München stellte am 13. Juli 2023 im Rahmen des Holzbau-Donnerstags von proHolzBW die Arbeit des Forschungsprojekts circularWOOD vor, ein Projekt zur Erforschung der Wiederverwendungsmöglichkeiten im Holzbau. Frau Dr. Schuster forscht zu Planungsprozessen im Holz und zum kreislaufgerechten Bauen mit Holz. Gleichzeitig leitet sie den Forschungsverbund TUM.wood an der TU München.
Immer geringere Wertschöpfung mit immer größerem Materialaufwand
Der Forschungsverbund TUM.wood befasst sich auf unterschiedlichen Ebenen mit dem Material Holz – entlang der Wertschöpfungskette: vom Baum zum Haus. Das Besondere am Ansatz der Gruppe: sie arbeitet nicht nur interdisziplinär zusammen, sondern behält auch die Quelle klar im Blick – den Wald. Die TUM.wood Gruppe stellt eine Kompetenzbündelung für Fragestellungen aus Wissenschaft, Architektur, Forst- und Holzindustrie und der Baupraxis dar. Frau Dr. Schuster: „Wie müssen uns als Planende die Frage stellen, wie wir agieren müssen, um dauerhaft eine nachhaltige Nutzung des Waldes zu gewährleisten.“
Gebäude als CO2-Speicher und Wälder als CO2-Senke
Ein Kubikmeter Holz speichert etwa eine Tonne CO2. Wälder können ihre klimapositive Wirkung nur entfalten, wenn sie nachhaltig bewirtschaftet werden. Projekte wie circularWOOD sehen kritisch, dass nach wie vor 1/3 des Frischholzes inklusive Reststoffe in die thermische Verwertung fließen. Ein Teil der Forschung an der TUM befasst sich daher mit der möglichen Verwendung dieser Reststoffe für neue Produkte. Für das Bauen mit Holz hat die Kaskadennutzung große Bedeutung: Von der Nutzung in der Konstruktion zur zweiten Nutzungsphase beispielsweise für Fassadenbekleidung und Lattung, in die dritte Nutzung als Plattenmaterial und am Ende in die vierte und letzte Nutzungsphase als Faserdämmung. Bei circularWOOD hingegen stand die Wiederverwendung im Fokus.
Zulassungsverfahren, Materialgesundheit und Fügungstechniken
Die aktuellen Herausforderungen für eine intensivere Wiederverwendung von Holzbauelementen auf breiter Ebene liegen bei den fehlenden Regularien und dem (politischen) Willen, der unternehmerischen Innovationskraft und fehlender Datengrundlage um die Rückbaubarkeit auch ökonomisch darzustellen. Auch neue Geschäftsmodelle sind notwendig, um die notwendigen Rahmenbedingungen wie EU-Taxonomie zu realisieren. Es existieren bislang keine Technischen Regeln für Komponenten und Bauteile aus der Wiederverwendung. Das Thema der Sortenreinheit stellt eine weitere Herausforderung dar. Fügungen und Verbindungsmittel müssen neu gedacht werden – denn auch Schrauben sind im Nachhinein oft nicht mehr lösbar. Planungsprozesse werden sich verändern, um die Rückbaubarkeit von vorneherein mit einzubeziehen. Frau Dr. Schuster: „Der Holzbau muss im planerischen und im konstruktiven Bereich weiter forschen, um die vielen offenen Fragen zu klären.“
Design for Disassembly
Was meint der Begriff? Es geht darum, den Rückbau realisierbar zu machen und schon bei der Planung des Produktes alle wichtigen Stationen einzuplanen: Von der Zugänglichkeit bis zur Demontierbarkeit, Trennbarkeit und Auffindbarkeit eines Bauelements oder Bauteils, das verbaut wird. Das Konzept der Wiederverwendung sollte dabei gegenüber der Kaskadennutzung bevorzugt werden – beides findet bislang kaum statt. Auch eine Rücknahmevereinbarung des Holzbauunternehmens ist teilweise schon realisierbar , in der Praxis gilt es noch Hindernisse zu überwinden.
Fallbeispiele mit unterschiedlichen Ansätzen des zirkulären Bauens
Anhand von verschiedenen Fallbeispielen stellte Frau Dr. Schuster verschiedene Ansätze und Konzepte für die Wiederverwendung im Holzbau vor. Das bekannteste Projekt hierbei ist sicher „The Cradle“, Düsseldorfs erstes Holzhybrid-Bürogebäude in Düsseldorf. Weitere Gebäude waren die Triodos Bank in den Niederlanden, sowie das Haus des Holzes in der Schweiz. Bei letzterem wurden beispielsweise Holz-Holz-Verbindungen eingesetzt (x-Fix), um den Cradle-to-Cradle Richtlinien zu entsprechen. Außerdem wurde hier die langfristige Gebäudenutzung von vorneherein geplant: Fassadenbauteile, die eine geringere Lebensdauer aufweisen wie der Rest des Gebäudes, sind leicht zugänglich und jederzeit austauschbar. Das Gebäude wurde in der Planung an das Schichtenmodell von Brandt angelehnt. Der Skelettbau ermöglicht größte Nutzungsflexibilität mit flexibler Raumaufteilung. Außerdem das Feuerwehrhaus in Straubenhardt, einer Cradle-to-Cradle Modell-Gemeinde. Kommunen wie Straubenhardt sind Vorreiter beim Thema Wiederverwendbarkeit auf kommunaler Ebene. Durch standardisierte Bauteile und sortenreine Bauteile können diese nach der Erstverwendung gut wiedereingesetzt werden.
Ausblick
Bauen mit Holz ist nur der erste Schritt in Richtung einer klimagerechten Bauweise. Um die zirkulären Prinzipien zu berücksichtigen, ist weitere Forschung und Entwicklung notwendig. Speziell Holz kann durch die Elementierung und Vorfertigung als klimagerechter Baustoff der Zukunft optimal auch in der Wiederverwendung eingesetzt werden. Für die Umsetzung auf breiter Ebene bedarf es allerdings noch einiges an Forschung, gesetzlichen Rahmenbedingungen und Erfahrungen in der Praxis.
Mehr Info zum Forschungsverbund TUM.wood an der TU München.
Der Holzbau-Donnerstag
Der “Holzbau-Donnerstag” bietet drei kostenfreie Formate, um Sie mit auf die Reise in den modernen Holzbau und die gebaute Zukunft zu nehmen: Jeden ersten Donnerstag im Monat findet “Der Werkvortrag” statt, jeden zweiten Donnerstag im Monat das Seminar “Im Detail” und jeden dritten Donnerstag im Monat das Seminar “Cluster Innovativ”. Der Holzbau-Donnerstag ist eine Veranstaltung von proHolzBW im Auftrag der Holzbau-Offensive BW.
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