Ostfildern, 13. März 2023. Welches enorme Potential im innovativen Holzbau steckt, beweist das Vorzeigeprojekt der katholischen Kirchengemeinde in Gutach-Bleibach. Der dreieckige Turm in Holzbauweise ist mit seinen 34 m Höhe schon von weitem gut sichtbar und seit seiner Fertigstellung 2019 das Wahrzeichen des kleinen Ortes. Doch bis es soweit war, gab es von der Planung bis zur Fertigstellung einige technische Herausforderungen zu meistern. Dazu zählten Einwirkungen wie dynamische Beanspruchung beim Glockenläuten, Windlasten, Erdbebenlasten sowie vertikale Lasten mit dem Eigengewicht etc. Auch die Gebrauchstauglichkeit sowie der konstruktive Holzschutz spielten eine wesentliche Rolle.
Die Tragwerksplanung gliederte sich in drei Bereiche – das Fundament mit der Bodenplatte, die Brettsperrholz-Röhre sowie den Fachwerk-Hut mit dem Glockenstuhl. Markus Rommel vom Ingenieurbüro WIRTH HAKER stand uns dazu am Holzbau-Donnerstag im Detail am 9.03.2023 ausführlich Rede und Antwort.
Der Turm-Grundriss ist ein gleichseitiges Dreieck mit einer Seitenlänge von 6,60 m. Außenwände, Treppenläufe, Podeste sowie die Decke für die Aussichtsebene des Turms bestehen jeweils aus Brettsperrholz. Die verklebten Längs- und Querlagen in den Wandelementen sorgen für eine hohe Steifigkeit und Formstabilität. Das ermöglichte die anspruchsvolle Statik der Konstruktion zu bewältigen, aber auch die dynamischen Lasten aus den schwingenden Glocken aufzunehmen. Die Röhre aus Weißtannenholz misst eine Wandstärke von 20 cm. Für die Außenfassade und die Dachflächen wurde eine hinterlüftete Fassadenschalung aus Accoya-Holzbrettern gewählt. Diese sind besonders widerstandsfähig gegen Witterungseinflüsse sowie holzzerstörende Faktoren wie Pilze und Insekten sein.
Tragwerksplanerisch gliedert sich der Turm in die Holz-Röhre mit dem Treppenhaus bis zur Aussichtsplattform sowie in die darüber folgenden Bereiche. Die Wandscheiben des unteren Teils sorgen dabei zusätzlich für eine Lastabtragung und Aussteifung. Zur Stabilisierung der Turm-Konstruktion, welche die Decke sowie den Glockenstuhl aus Eichenholz zu tragen hat, wurden die V-Stützen auf halber Höhe der Glockenstube über horizontale Stahlprofile zusammengespannt. Der Turmhelm besteht wiederum aus Brettsperrholz-Scheiben und ist in sich stabil.
Ein hoher Vorfertigungsgrad der Holzbau-Elemente bildete die Basis. Die Turmröhre wurde in drei Segmenten als 14 m hohe V-förmige Wandwinkel mit einer Schenkellänge von 3 m vorgefertigt. Diese bestanden aus je zwei Brettsperrholz-Wandplatten und vier Podesten als aussteifende Schotte. Nach der Fertigstellung erhielt die Röhre einen Kranz aus Brettschichtholz-Trägern. Aufgrund der Geometrie mussten die Treppenwangen von oben nach unten eingelassen werden. Final erfolgte der Einbau des Glockenstuhls zusammen mit den historischen Glocken. Die spitz zulaufende Dachkonstruktion schließt dabei den Turm und vervollständigt das Tragwerk.
Zahlen, Daten, Fakten: Der Holzverbrauch des 630.000 Euro teuren Bauwerks betrug rund 118 m³, davon 92 m² BSP an Weißtanne. 2021 gewann das Bauwerk die Hugo-Häring-Auszeichnung sowie 2022 den Holzbaupreis Baden-Württemberg. Das Land Baden-Württemberg förderte das Bauvorhaben im Rahmen des Europäischen Fonds für Regionale Entwicklung (EFRE) mit 100.000 Euro.
Wir gratulieren zu diesem modernen und klimafreundlichen Holzbau in Bleibach.
Fotos: Ingenieurbüro Wirth Haker
Der Holzbau-Donnerstag
Der “Holzbau-Donnerstag” bietet drei kostenfreie Formate, um Sie mit auf die Reise in den modernen Holzbau und die gebaute Zukunft zu nehmen: Jeden ersten Donnerstag im Monat findet “Der Werkvortrag” statt, jeden zweiten Donnerstag im Monat das Seminar “Im Detail” und jeden dritten Donnerstag im Monat das Seminar “Cluster Innovativ”. Der Holzbau-Donnerstag ist eine Veranstaltung von proHolzBW im Auftrag der Holzbau-Offensive BW.
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