21.10.2021
„Wenn wir wollen, dass Menschen nachhaltig leben, müssen wir es Ihnen einfach machen, das zu tun.“*
Holzbau-Branche trifft sich im Hospitalhof in Stuttgart zur 43. Fachtagung Holzbau Baden-Württemberg.
Ostfildern/Stuttgart, 21. Oktober 2021: Am 06. Oktober fand das Branchenevent für holzbauinteressierte Architekten, Ingenieure und Fachplaner zum 43. Mal im Hospitalhof in Stuttgart statt. Das Programm, durch proHolz Baden-Württemberg und die Hochschule Biberach organisiert, bot eine Vielzahl an hochkarätigen Referenten und Einblicken in die neuesten Innovationen des Holzbaus. Nach einem weiteren „Covid-19-Jahr“, das auch in der Holzbau-Branche mit meist digitalen Veranstaltungen einherging, wurde nun auf der Fachtagung unter Einhaltung der geltenden Abstands- und Hygienevorgaben die Möglichkeit zum fachlichen Diskurs und persönlichen Austausch gerne und aktiv genutzt.
„Wie viele Quadratmeter Fläche braucht ein Mensch zum Leben?“ In seiner Eröffnungsrede machte Dr.-Ing. Dennis Röver, Geschäftsführer von proHolzBW auf die Notwendigkeit des Umdenkens beim Bauen aufmerksam. Begrüßungsreden hielten auch Peter Hauk, Minister des Landes Baden-Württemberg und Peter Rothdach der Firma Würth, Generalsponsor der 43. Fachtagung Holzbau BW. Die vorgestellten Projekte gewährten spannende Einblicke in die fachlichen, sozialen und wirtschaftlichen Aspekte des Holzbaus
Wie gestalten Strukturen in Holzbauweise gemeinschaftliche Lebensräume? Am Beispiel des Wohnbauprojekts „Erlebnisreich Wohnen“ in Balingen wurde aufgezeigt, wie durch Holz-Modulbauweise und verschiedene Raumkonzepte wie Lodgen und Laubengängen flexible Gestaltungsmöglichkeiten für Begegnungen entstehen. Den Bauherren und Planern war dabei echte Nachhaltigkeit beim Bau wichtig. Prof. Löffler, Löffler_Schmeling Architekten: „Die Architektur muss eine Klimaarchitektur sein, nur das, was sie nicht leisten kann, muss die Technik übernehmen“.
Am Nachmittag widmeten sich nicht nur die Fachseminare dem mehrgeschossigen Holzbau. Richtig hoch hinaus ging es beim Holzhochhaus „Buggi52“ in Freiburg: „Warum bauen drei private Bauherren, die nicht im Bauträgergeschäft tätig sind, ein 8-geschössiges Wohn- und Geschäftshaus in Holzbauweise?“ fragte Bauherr Willi Sutter, IG Klösterle und gab selbst die Antwort: „Wir schaffen es [mit mineralischen Baumaterialien] nicht mehr, in einem Preisniveau zu bauen, das sozial verträglich ist.“ Beim Buggie52 ist fast alles aus Holz gefertigt, auch Treppenhaus, Aufzugschacht und Fassade. Die tragenden Innen- und Außenkonstruktionen sind überwiegend im Holzrahmenbauweise konstruiert. Benedikt Ganter, ausführendes Planerbüro Die Holzbauingenieure: „Statisch und konstruktiv sind Holzkonstruktionen in dieser Höhe nicht nur möglich, sondern auch sinnvoll!“ Trotzdem erwies sich das 8-stöckige Holzhochhaus als eine Herausforderung für den Genehmigungsprozess. Die Umsetzung verlief dann aber aufgrund der Vorelementierung zügig und schonend für Umwelt und Nachbarn mit wenig Lärm, Müll und reduzierten Emissionen. Das Projekt macht deutlich, dass sich auch mehrgeschossiger Holzbau für die Schaffung von bezahlbarem Wohnraum eignet: Die Wohnungsgrundrisse sind für eine verträgliche Miete von 12 Euro/qm entworfen und alle sozialhilfefähig – für Rentner, Studenten und soziale Wohngruppen.
„Eine Spur wilder“ wurde es beim nächsten Projekt, dem Besucherzentrum Ruhestein im Nordschwarzwald. Da sich die ursprüngliche Baulandschaft an einer Hanglage befand und der Baumbestand möglichst erhalten werden sollte, wurde der Bau zur technischen Herausforderung. Ein hervorstechendes Bauelement sind die „schwebenden Riegel“, die der Schwerkraft zu trotzen scheinen. „Brauchen wir nicht doch eine Stütze?“ fragte sich da der eine oder andere. Das Tragwerk bewegt sich statisch im Bereich Sonder- und Brückenbau aufgrund der vielfältigen Herausforderungen wie Schneelast, Wind, Baumwurf oder Erdbeben: Keine einzige Teilkonstruktion hat sich jemals wiederholt, alles musste individuell geplant und betrachtet werden. Eine Probemontage in der Werkshalle hat die Tragfähigkeit der drei Träger ausreichend testen können, was im Gelände auf der Baustelle nicht möglich gewesen wäre. Selbst die Errichtung der Montage- und Lasttürme war eine Herausforderung – es wurden quasi Hilfskonstruktionen für die Hilfskonstruktion errichtet. Die ausgefallene Konstruktion des Projekts machte unverzichtbar, was beim Holzbau generell wichtig ist – eine gute Vorplanung und Abstimmung aller Projektbeteiligten schon in den ersten Leistungsphasen eines Bauvorhabens.
Auch in der nachhaltigen Stadtplanung ist klar: „Holzbau ist Teil der Lösung.“ Am Abend begrüßte Keynote-Speaker Kristian Villadsen von gehl people, Kopenhagen die Zuhörer mit teils humorvollen und teils auch nachdenklichen Anekdoten zu den knapp zwei „Covid-19-Jahren“. Eine wichtige Erkenntnis aus Covid-19 ist: Weltweit haben Stadtzentren nicht die gleiche Bedeutung wiedererlangt wie vor der Pandemie. Das betrifft jedoch stärker das Einkaufsverhalten der Bevölkerung als deren Arbeitsroutinen. Eine weitere wichtige Erkenntnis aus den zahlreichen Feldstudien, die Villadsen dem Publikum vorstellte: Autos und Nachhaltigkeit gehen nicht zusammen – unabhängig davon, wie nachhaltig ein einzelnes Gebäude oder ein Wohnquartier ist. Erst mit einer autofreien Zone und der Reduzierung von vorgeschriebenen Parkplätzen bei Bauprojekten kann wirkliche Nachhaltigkeit entstehen. Das Urban Design-Büro gehl people schafft „Städte für Menschen“ – und geht bei der Planung von den Lebens- und Wohnbedürfnissen der Menschen aus. In einem Pilotprojekt in Aarhus wurde auch das Thema Holz als Baumaterial untersucht und festgestellt, dass die Befragten durchweg positiv zu Holz stehen. Holz schafft Identität, ist als Baumaterial wirtschaftlich sowie nachhaltig durch die Reduzierung von CO2. Der Fokus von gehl people liegt daher in der spezifischen Anwendung des natürlichen Baumaterials: Wo kann Holz eingesetzt werden, wo macht Holz – im Gegensatz zu mineralischen Baustoffen – einen Unterschied für den Nutzer? Die Keynote von Kristian Villadsen griff zum Abschluss der Fachtagung Holzbau das zentrale Thema der Zukunft des Wohnens und des Bauens wieder auf: Wie leben und arbeiten wir in Zukunft? Wie viel Quadratmeter hat ein einzelner Mensch in Zukunft zur Verfügung? Wo findet soziales Leben statt, und wie müssen wir bauen, damit nachhaltiges, gemeinschaftliches und wirtschaftliches Leben möglich ist? Das Baumaterial Holz wird ein wichtiger Teil der Antwort auf diese Fragen sein.
Die Besucher der Fachtagung wurden nicht nur durch Snacks zwischendurch und ein abwechslungsreiches Buffet gestärkt. Erstmalig gab es auf der Fachtagung ein Dessert der besonderen Art: Zwei Baumkuchen mit je 0,70 Festmeter Länge und den Logos von Veranstalter proHolzBW und Generalsponsor Würth waren am „Rundholzplatz“ zum Anschnitt gelagert. Letzterer erfolgte in der Mittagspause durch proHolzBW Geschäftsführer Dennis Röver und Peter Rothdach von Würth, die dann auch die schmackhaften Stammabschnitte an Besucher, Aussteller und Referenten verteilten. Im nächsten Jahr findet der Branchentreff Fachtagung Holzbau Baden-Württemberg am 18. Oktober 2022 statt.
*Kristian Villadsen, gehl people auf der 43. Fachtagung Holzbau BW am 06.10.21
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Impressionen:
Generalsponsor der 43. Fachtagung Holzbau Baden-Württemberg 2021 ist die Firma Adolf Würth GmbH & Co. KG.
Über proHolzBW
proHolzBW als Drehscheibe der Netzwerke Forst und Holz fördert die Holzverwendung in Baden-Württemberg. Zu den Kernaufgaben der proHolzBW zählen deshalb die Holzbaufachberatung, Clustermanagement, Fachinformationen zum Thema Holzbau und branchenübergreifendes Marketing. proHolzBW informiert, vermittelt und unterstützt die Teilbranchen entlang der Wertschöpfungskette vom Forstbetrieb bis zum Endverbraucher und trägt durch intensive Kommunikation die Themen der Forst- und Holzwirtschaft in die Gesellschaft. proHolzBW verbindet die Interessen von öffentlichen und privaten Bauherren, Architekten und Planern mit dem nachhaltigen Handeln der Forst- und Holzwirtschaft. Anmeldung und Informationen unter Termine auf www.proholzbw.de.
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